Erich Fried

Erich Fried wurde am 6. Mai 1921 in Wien geboren und wuchs dort auf. Sein Vater war Spediteur, seine Mutter Grafikerin. Er schrieb bereits als Gymnasiast, war Mitglied einer Kinderschauspieltruppe, bis der deutsche Einmarsch 1938 ihn »aus einem österreichischen Oberschüler in einen verfolgten Juden verwandelte.

Der Vater wurde von der Gestapo ermordet, Fried gelang es, nach London zu fliehen, und in den folgenden Monaten auch seine Mutter und mehr als siebzig andere Personen ins englische Exil zu retten.

In den Kriegsjahren hielt sich Fried mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser, als Bibliothekar, Milchchemiker, Fabrikarbeiter. Er schloss sich dem »Freien Deutschen Kulturbund« und »Young Austria« an, später auch dem »Kommunistischen Jugendverband«, den er aber wegen dessen Stalinisierung bereits 1944 wieder verließ. Im gleichen Jahr erschien sein erster Gedichtband, »Deutschland«, im Exilverlag des österreichischen PEN.

Nach dem Krieg wird Fried Mitarbeiter an zahlreichen neugegründeten Zeitschriften, in den frühen fünfziger Jahren festangestellter politischer Kommentator der deutschsprachigen Sendungen der BBC;

1968 gab er wegen der unveränderten Kalten-Kriegs-Position der BBC diese Tätigkeit auf. Schon vorher hatte er sich mit der Übersetzung von Dylan Thomas, dem ersten größeren Gedichtband (»Gedichte«, 1958 ) und seinem einzigen Roman (»Ein Soldat und ein Mädchen«, 1960) einen Namen gemacht, ab 1965 gehörte er der »Gruppe 47« an; in dieser Zeit entstanden auch die ersten Übersetzungen von Stücken Shakespeares. Eine Übersiedlung von London nach Österreich oder Deutschland wurde erwogen, wegen der Restauration der fünfziger und frühen sechziger Jahre aber immer wieder verworfen.

1966 erschien sein Gedichtband »und Vietnam und«, der eine langandauernde öffentliche Diskussion (auch mit Kollegen) über das politische Gedicht auslöste. In den folgenden Jahren war Fried viel unterwegs- auf Vortragsreisen; Diskussions- und Solidaritätsveranstaltungen ~, nahm in vielen politischen Fragen Partei (Pressekonzentration, Unterdrückung des Prager Frühlings, Israel und die Palästinenser, Polizeiübergriffe, Haftbedingungen politischer Gefangener) und wurde, als Folge, mit Verleumdungen, Zensur und gerichtlicher Klage überzogen. Er, der gegenüber dem politischen Gegner stets Liebenswürdige und Verständnisvolle, hatte schnell mehr Feinde, als er lieben konnte.